Die bisexuelle Weltkarte

„Aber ich wollte nicht nur weg.
Ich wollte auch wohin.
Ich wollte in die Welt.
Europa war mir kaum groß genug.
Der Äquator war meine Welt.
Ich war den Afrikanern verwandt, den Lappen, den Mizteken.
Lockstedt war nicht meine Welt.
Ich komme von weither.“

Diese Zeilen aus Hotel Garni (dem ersten Band von Die Geschichte der Empfindlichkeit) umreißen ein ganzes Leben, das Leben des Reisenden und Ethnopoeten Hubert Fichte. Er war „ein Entdeckungsfahrer ins Gebiet des Aberglaubens und der Geisterbeschwörung“ und bewegte sich auf der Grenzlinie zwischen magischer Realität und Tourismus. Er ging Mystifikationen und Riten nach, dabei hielt er sich nicht an die gängigen wissenschaftlichen Methoden, sondern entwickelte eigene Vorgehensweisen. Weiterlesen

Gammler-Lokale

Hubert Fichte hatte seine Palette, ich mein Café Rio. Beides Gammler-Lokale. Die Gammler sind längstens aus dem gesellschaftlichen Bild verschwunden. Einst erregten sie mit ihren Jeans, Parkas, ausgeleierten Pullovern und langen Haaren den Zorn der fleißig arbeitenden und ordentlich gekleideten Bürger. Weiterlesen

Dichter, Landwirt, Dandy

Am Fuss der Alpes Côte d‘Azur wurden die Pinienwälder vom bunten Laub der Kastanien, Eichen und Weinfelder abgelöst. Auf den Hochebenen stand das matte Grün der riesigen Lavendelfelder. Die Landschaft der Provence mit ihren Weiten, muldenartigen Tälern und weissen Kreidefelsen hat ganz eigene Qualitäten.
Wir kamen ins breite Tal der Durance. Ein schönes Tal, eigentlich. Doch an vielen Orten zugemüllt: Autobahnen, Strassen, Supermärkte, Tankstellen, Bürohäuser, Lagerhallen, Wohnblöcke, Parkplätze. Die ganze hässliche Lieblosigkeit, die man Fortschritt nennt. Das ästhetische Empfinden heruntergekommen. Dem Preis geopfert. Hauptsache billig, Hauptsache schnell hin gehudelt. Geprägt von Kostenbewusstsein, ökonomischer Effizienz, Wachstum – dem ganzen Geschwätz von jenen ab den Eliteschulen. Ihre Vorstellung von Schönheit reicht nicht weiter als bis zum Krawattenknopf. Auf der anderen Seite des Tales konnten wir Manosque sehen, das kleine Städtchen am Südfuss der Haute-Provence. Weiterlesen