Die alten Pfade oder der letzte Beatnik

An der Kleinverlagsmesse in Zürich hatte ich mir ein paar Nummern von NARACHAN gekauft, eine Zeitschrift für Ethnopoesie, die Thomas Kaiser herausgab. „Narachan heißt Schlangenplatz, ein keltisches Wort“, stand im Editorial. Der Untertitel der Zeitschrift lautete: „Lieder, Notierungen, Texte.“
Darin gab es auch ein Interview, das Peter Barry Chowka 1977 mit Gary Snyder geführt hatte.
Die Intensität des Gesprächs hat mich sofort für Snyder eingenommen. Ich erhielt ein starkes Bild von diesem Dichter, Zen-Buddhisten, Wanderer, Ethnologen, Kenner indianischer Gesänge und Mythen,  Umweltaktivisten, und schamanischen Intellektuellen. Weiterlesen

Der Blues von gestern Abend

Gestern Abend bin ich auf den Blues gekommen. Buchstäblich. Vielleicht lag es an der Sendung über den afroamerikanischen Schriftsteller und Bürgerrechtsaktivisten James Baldwin, die ich am Radio gehört habe. Baldwin hielt sich anfangs der Fünfzigerjahre drei Mal in Leukerbad auf, um da seinen Roman Go tell it on the Montain zu Ende zu schreiben. Er kam im Februar an, alles war verschneit, seine schwarze Haut stach besonders hervor. Weiterlesen

Wie ich Charles Bukowski kennenlernte

Ob ich schon mal was von Bukowski gelesen hätte, fragte mich Jimmy, ein Freund, auf einer Party.
Ja, sagte ich.
Jimmy erzählte mir, Bukowski sei ein ganzer harter Typ, der im Knast gesessen und Gedichte geschrieben habe, bevor er aus dem achten Stockwerk gesprungen sei. Ich war erstaunt, denn ich meinte, Bukowski zu kennen, doch davon hatte ich noch nie etwas gehört.
Wir mussten beide lachen, als wir merkten, dass wir von zwei ganz verschiedenen Bukowskis redeten. Er von einem Amerikaner mit diesem Namen, ich von Wladimir Bukowski, einem Russen, der Opposition. Eine neue Geisteskrankheit in der Sowjetunion geschrieben hatte, ein Bericht über sowjetische Intellektuelle, die aus politischen Gründen in Irrenanstalten eingesperrt und dort als Verrückte behandelt wurden. Weiterlesen

Dichterin und Rockrebellin

Das alte Städtchen Saint-Florent liegt an einer hellen Bucht im Nordwesten von Korsika.
Dort fand ich im Presseladen die französische Ausgabe der Zeitschrift Rolling Stone. Und darin ein Interview mit Patti Smith. Ich stelle sie locker neben Marcel Proust. Ein schickes Paar, nicht? Die Rockrebellin mit dem harten New-Jersey-Slang und der überfeinerte und hochgebildete Pariser Literat. Das Sonnenlicht flutete auf den Platz herab. Ich ging hinüber ins Café mit den wuchtigen Platanen, setzte mich an einen Tisch und bestellte einen schwarzen Kaffee.
„Jeux de Miroir“ heißt der Titel des Interviews, „das Spiegelspiel“, das Paola Genone mit Patti Smith geführt hat. M Train, ein weiterer Band Erinnerungen, kurz zuvor erschienen, war der Anlass dafür. Es ist ein weiträumiges Gespräch, voll eigensinniger Gedanken, das mich in eine aufrührerisch-träumerische Stimmung versetzte.  Weiterlesen